Aus dem Takt


Wenn Demenz den Rhythmus vorgibt


Ich habe kein Alzheimer


Wer an Demenz denkt, der hat meist Betroffene in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit vor Augen. Dass sich zu Beginn der Erkrankung Menschen noch aktiv mit ihrer Diagnose auseinandersetzen, darunter leiden, das bedenkt man meist weniger. Als wir Annemarie Hilde (Name geändert) für unseren Abschlussfilm kennenlernten, hatten wir sogar Zweifel an ihrer Diagnose. Ist diese lebendige, lustige Frau wirklich an Alzheimer erkrankt?

Auch sie selbst wies die Krankheit vehement von sich. Ein typisches Verhalten, laut Michael Schmieder.




Warum wir uns dafür entschieden hätten, Frau Hilde in unserem Film zu zeigen, obwohl sie sich selbst als gesund ansieht, wollte Michael Schmieder im Anschluss an seine Aussage von mir wissen.

Bei unseren Treffen hat sie immer wieder betont, dass sie sich darüber freue uns zu sehen und, dass sie genieße mit uns zu sprechen. Und das tat auch ich. Diese willensstarke Frau zeigte mir, dass auch ältere Menschen noch sehr danach streben sich selbst zu verwirklichen und, dass auch ein Mensch mit Demenz danach strebt, glücklich zu sein. Erst durch den Kontakt mit ihr wurde mir bewusst, wie oft man das älteren Menschen abspricht. Dass wir sie belächeln oder es als störend empfinden, wenn sie ihren eigenen Kopf haben, Neues ausprobieren wollen – trotz hohem Alter. Hier sollten wir, die noch jung und gesund sind, anfangen umzudenken. Und diese Perspektive kann die Geschichte von Frau Hilde einem Zuschauer eröffnen. Die Aufgabe der Medien, aufzuklären, Menschen eine Stimme zu geben, sahen wir hier als entscheidend an.




Michael Schmieder

Über Michael Schmieder
Michael Schmieder, geboren 1955, hat das Heim SONNWEID im schweizerischen Wetzikon jahrelang geleitet und maßgeblich geprägt.
Er ist ausgebildeter Pfleger und hat einen Masterabschluss in Ethik. 2015 erschien sein Buch, „Dement, aber nicht bescheuert“, das er zusammen mit der Journalistin Uschi Entenmann geschrieben hat. Hierin beschreibt er anhand vieler Geschichten von ehemaligen Bewohnern der Sonnweid, wie ein respekt- und würdevoller Umgang mit Demenzkranken gelingen kann. Sein Kredo lautet, Menschen mit Demenz ernst zu nehmen und auf ihre Bedürfnisse als Individuen einzugehen. Dies bedeutet auch, Eigenheiten und vermeintliche Fehlleistungen aus einer anderen Perspektive zu sehen und sie zum Beispiel als Kunst zu begreifen. Beispiele hierfür sind auf UNGEKUENSTELT.CH zu sehen.



Weitere Aussagen von Michael Schmieder zum Thema Ethik und Demenz:

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