Das Größte der Gefühle?
Auf den Spuren eines Urgefühls
Die Liebe
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Gleis 1
Die Liebe ist das tollste Gefühl der Welt? Nicht unbedingt. Der Kurzfilm „Gleis 1“ zeigt, welche Emotionen Liebe hervorrufen kann und wie unterschiedlich diese sein können. Jeder Protagonist verkörpert eine Emotion: Glück, Wut, Sehnsucht, Trauer. Erkennst Du sie?
Kaum eine Emotion ist so allgegenwärtig wie die Liebe. Bei frisch Verliebten drückt sie sich in enormen Glücksgefühlen aus. Andere Menschen hingegen entwickeln aus dem Liebesgefühl heraus ein Bündel negativer Emotionen: beim Trennungsschmerz und in der Eifersucht. Und dann gibt es noch die Sehnsucht, jemanden zu lieben und geliebt zu werden. So allgegenwärtig das Gefühl „Liebe“ ist, umso überraschender ist es, dass sich die empirische Forschung erst seit kurzem um die Liebe kümmert. In den 1960er Jahren begaben sich die ersten Neurowissenschaftler auf die Spuren der Liebe. Teilweise liefern die Forscher erhellendes über die Entstehung von Liebe und die körperlichen Auswirkungen des Verliebtseins erfahren. In anderen Aspekten, wie etwa der Frage nach der Haltbarkeit von Liebesbeziehungen, liefert die Neurowissenschaft bis heute eher unzureichende Antworten.
Verliebtsein
Ein Zusammenspiel von Hirn und Hormonen?
Unser romantisches Verständnis von Liebe weicht von den körperlichen Vorgängen in der Realität ab – das weiß die Wissenschaft schon länger. So zeigten Neurowissenschaftler in frühen Experimenten an Wühlmäusen, dass Liebe nicht im Herzen, sondern im Kopf entsteht. Bestimmte Bereiche im Gehirn schütten einen Mix aus Hormonen und Botenstoffen aus. Diese sind für die Glücksgefühle und die positive Wahrnehmung der Liebespartner verantwortlich. Entscheidend bei diesem biologischen Prozess sind das Dopamin, im Volksmund auch als Glückshormon bezeichnet, sowie die Bindungshormone Vasopressin und Oxytocin.
Diese „Liebeshormone“ werden bei Verliebten besonders stark produziert und sorgen so für die typischen „Verliebtheitssymptome“. Der Neurotransmitter Dopamin sorgt im Gehirn für Glücksgefühle. Die Wirkung ist vergleichbar mit einem Drogenrausch. Neben dem Glückshormon produziert das Gehirn auch verstärkt die zwei Hormone Vasopressin und Oxytocin. Beide spielen eine entscheidende Rolle für die Bindungsfähigkeit von Lebewesen. Gleichzeitig mindern sie Angst und Stress und bewirken, dass wir Anderen vertrauen.
Wo Liebe im Gehirn des Menschen entsteht, konnte der deutsche Neurowissenschaftler Andreas Bartels (Link zum Interview) zeigen. Er leistete im Jahre 2000 Pionierarbeit in der empirischen Erforschung der menschlichen Liebe, indem er die Hirnaktivität von verliebten Personen am Computertomographen untersuchte. Bartels konnte zeigen, dass beim Anblick der geliebten Person bestimmte Hirnareale von Verliebten verstärkt aktiviert werden. Gleichzeitig wird die Tätigkeit anderer Hirngebiete eingeschränkt oder vollständig deaktiviert.
Wo entsteht die Liebe im Kopf?
Der biologische Ursprung des Verliebt Seins liegt in vier Hirnarealen:
Inselrinde - auch Insula
Eingesenkter Teil der Großhirnrinde, der bereits mit den unterschiedlichsten Emotionen in Verbindung gebracht wurde. In Zusammenhang mit Liebesempfindungen ist der mediale Teil der Inselrinde aktiviert.
Gyrus Cinguli
Teil der Großhirnrinde, der zum limbischen System gehört. Bei Verliebten werden vordere Bereiche des Gyrus Cinguli besonders stark durchblutet. Nebenbei spielt der vordere Gyrus Cinguli eine Rolle bei anderen positiven Gemütszuständen und sozialen Interaktionen.
Putamen
Einer der zentralen Bereiche des Großhirns; bildet zusammen mit dem Nucleus Caudatus das Striatum, das für die Steuerung Hemmung von Bewegungsabläufen verantwortlich ist. Tiefer liegende Areale des Putamen sind bei Verliebten besonders aktiv.
Nucleus Caudatus
Zentrales Gebiet im Großhirn. Als Teil des Striatums spielt der Nucleus Caudatus eine entscheidende Rolle für die menschliche Motorik.
Liebe – Eine Sucht mit Entzugserscheinungen?
Wenn der Zustand eines frisch Verliebten mit einem Drogenrausch vergleichbar ist, dann müsste im Umkehrschluss der Entzug von Liebesgefühlen Entzugserscheinungen hervorrufen. Denn bei frisch Getrennten ist das Belohnungszentrum für „Liebe“ noch immer aktiv, und wird sogar umso aktiver, wenn der Verliebte nicht bekommt, was er will. Neben depressiven Verstimmungen und dem ständigen Versuch, den Partner zurück zu gewinnen, bewirkt der Liebesentzug aber auch Schmerzen, die beinahe körperlicher Art sind. So stellte die italienische Neurobiologin Francesca D’Amato bei einem Versuch an Mäusebabys fest, dass der Schmerz einer Trennung über den gleichen Rezeptor im Gehirn gesteuert wird wie der physische Schmerz.
Treue – Abhängig von den Hormonen?
Die Bindungsfähigkeit von Lebewesen hängt maßgeblich mit der Konzentration der Bindungshormone Vasopressin und Oxytocin zusammen. Experimente von US-Forschern an Wühlmäusen haben ergeben, dass Präriewühlmäuse, die in monogamen Kulturen leben, nachweislich einen deutlich höheren Oxytocingehalt im Blut haben als ihre verwandten Gebirgswühlmäuse, die ständig wechselnde Geschlechtspartner haben. ähnlich wie bei den Mäusen wird auch die Treue von Menschen vom Gehalt an Oxytocin im Blut beeinflusst. Das zweite Bindungshormon, Vasopressin, wirkt darauf ein, in welchem Umfang wir anderen Menschen vertrauen. Sowohl bei Tierbabys, als auch bei menschlichen Kindern, denen viel Liebe geschenkt wurde, konnte Vasopressin in besonders hoher Dichte festgestellt werden.
Unsere Meinung:
Liebe ist mehr als eine Mischung
aus Hormonen und Botenstoffen
Dass der Gehalt von Hormonen und Neurotransmitter im Blut nicht die einzige Ursache für die Liebe und Treue von Menschen sein kann, müsste auch den Neurobiologen klar sein. So können auch andere Faktoren, etwa die natürliche menschliche Neugier auf etwas vorher noch nicht Dagewesenes, den Menschen zum Fremdgehen motivieren und so das Belohnungssystem aktivieren. Und auch Aussagen über die Haltbarkeit von Partnerschaften sind kritisch zu überdenken, wenn sie allein auf Grundlage der Hormonkonzentration getroffen werden. Es scheint plausibler, dass eine funktionierende Liebesbeziehung von vielen Kriterien abhängt, die teilweise nicht biologischer Natur sind oder sich bislang unzureichend neurowissenschaftlich erklären lassen. Viele Experten sind sich einig, dass die Bindungsfähigkeit eines Menschen teils auf angeborenen Eigenschaften, teilweise aber auch auf erlerntes Verhalten und Erfahrung zurück zu führen ist. So ist die Entscheidung, jemanden zu lieben und mit ihm eine Bindung einzugehen, nicht nur eine emotionale, sondern oft auch eine rationale. Und diese kognitiven Einflüsse lassen sich nicht durch Hirnströmungen im Labor abbilden.
Die Neurowissenschaft leistete in den letzten Jahrzehnten einen großen Beitrag zur Ergründung der Liebe. Gerade in der körperlichen Entstehung und der Auswirkung des Verliebt Seins kam es zu aufschlussreichen Erkenntnissen. In anderen Bereichen steht die Neurowissenschaft noch am Anfang. Es stellt sich die Frage, ob eine Beschränkung auf Hirnstrukturen und Hormonkonzentrationen im Blut nicht doch unzureichend ist, um die Liebe in all ihrer Komplexität zu erfassen. Sinnvoll wäre ein interdisziplinärer Ansatz, der neurowissenschaftliches Wissen mit Erkenntnissen aus Psychologie, Soziologie und anderen Wissenschaftsbereichen zusammen bringt.
Alles nur blöde Sprüche oder reine Wahrheit?
Es gibt zig Sprüche und Weisheiten zum Thema Liebe. In einer Fotostrecke zeigen wir Dir anhand von tollen Bildern, was der Volksmund zur Liebe sagt. Außerdem erfährst Du, ob an den Sprichwörtern etwas Wahres dran ist.
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