Aus dem Takt


Wenn Demenz den Rhythmus vorgibt


Es kommt wieder!


Unsere Protagonistin Annemarie Hilde (Name geändert) hat früher Klavier gespielt. Hier sehen wir sie bei unserem dritten Treffen. Wir konnten sie dazu motivieren, im Gemeinschaftsraum des Heims mal wieder in die Tasten zu greifen. Und plötzlich war sie da, die Erinnerung:





Arthur Schall

Über Arthur Schall
Arthur Schall ist Musikwissenschaftler, Kunsthistoriker und Psychologe. Am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main forscht er, inwieweit sich Musik und Kunst auf die Kommunikationsfähigkeit, das Wohlbefinden und das emotionale Ausdrucksverhalten bei Menschen mit Demenz auswirken können. In seiner Diplomarbeit analysierte er über zwei Jahre musiktherapeutische Effekte. Derzeit führt ihn das Projekt „Artemis“ in ein weiteres kreativtherapeutisches Feld: die bildenden Künste. Demenz-Patienten werden hierfür ins Museum und bei der Arbeit im Atelier begleitet.


„Das stellen wir auch beim Betrachten von Bildern oder Kunst fest, dass eher zufällige Momente dazu führen, dass Erinnerungen hochgespült werden, die emotional verknüpft sind. Ein bestimmtes Musikstück, Lied oder sogar nur ein Geräusch ist mit einem bestimmten Lebensereignis, Lebensabschnitt oder auch nur einem Moment aus dem Leben verknüpft. Diese Ereignisse werden auf verschiedene Art und Weise codiert, z. B. auf einer sprachlichen und einer emotionalen Ebene. Es gibt also unterschiedliche Zugänge. Die Informationen im Gehirn sind ja nicht weg, bei Demenz ist nur der sprachliche Zugang zu dieser Information versperrt. Wenn man einen anderen Weg zu dieser gespeicherten biographischen Information findet, kann diese Information auch wieder abgerufen werden.“

Wie wichtig das Wissen um die biographisch relevante Musik eines Menschen mit Demenz sein kann, zeigt der US-amerikanische Dokumentarfilm ALIVE INSIDE.




Wenn ein Mensch eine Demenz-Diagnose bekommt, werden häufig mithilfe der Angehörigen Erinnerungsalben mit Fotos, Gegenständen und eben Musik angelegt. Doch welche Musik ist bei welcher Generation eigentlich relevant? HÖREN WIR IM ALTER ALLE HELENE FISCHER?, fragt sich Chris Umbach vom tonspion mit Verweis zu einer Studie der Universität Cambridge.

Jetzt hoffen wir mal, wir bleiben gesund, ansonsten würde die Wahl bei uns Autoren wohl weniger auf einen Schlager, ein Wander- oder Volkslied fallen, sondern vielleicht auf ein elektronisches Musikstück, eine Drum & Bass-Nummer oder einen HipHop-Song. Auch unsere Herkunft und unser Kulturkreis spielen hierbei eine Rolle. Arthur Schall hat russische Wurzeln, ist mit klassischer Musik groß geworden und hat eine pianistische, kompositorische Ausbildung genossen. Werke von Tschaikowski, Rachmaninoff oder Schostakowitsch würden wir in seinem Erinnerungsalbum finden.

Welche Musik könnte einen 50-jährigen Norweger geprägt haben, einen 80-jährigen Sudanesen oder einen 30-jährigen Australier? Die Musikzeitmaschine RADIOOOOO zeigt das eindrucksvoll.





Weitere Aussagen von Arthur Schall zum Thema Ethik und Demenz:

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