Aus dem Takt


Wenn Demenz den Rhythmus vorgibt


Tanztee


Musik auf Rädern oder Klang und Leben sowie zahlreiche weitere musikalische Angebote für Menschen mit Demenz bieten Therapiemöglichkeiten sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen. Bei einer Einzelmusiktherapie kann der Therapeut besser auf die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen eingehen und eine hohe emotionale Beziehungsqualität erreichen. Auch in vielen Pflegeeinrichtungen gibt es heute zahlreiche Gruppenangebote, wie das gemeinsame Singen, Musizieren oder Tanzen.

Wir konnten mit der Kamera am wöchentlichen Tanztee im Tübinger Pauline-Krone-Heim teilhaben. Auch unsere beiden Protagonistinnen Elfriede Marenz und Josefine Kremser (Namen geändert) waren mit von der Partie. Die Heimbewohner reagierten ganz unterschiedlich auf das Angebot.






Arthur Schall

Über Arthur Schall
Arthur Schall ist Musikwissenschaftler, Kunsthistoriker und Psychologe. Am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main forscht er, inwieweit sich Musik und Kunst auf die Kommunikationsfähigkeit, das Wohlbefinden und das emotionale Ausdrucksverhalten bei Menschen mit Demenz auswirken können. In seiner Diplomarbeit analysierte er über zwei Jahre musiktherapeutische Effekte. Derzeit führt ihn das Projekt „Artemis“ in ein weiteres kreativtherapeutisches Feld: die bildenden Künste. Demenz-Patienten werden hierfür ins Museum und bei der Arbeit im Atelier begleitet.


„Es geht um das soziale Miteinander, um den Austausch innerhalb der Gruppe, das Gruppendynamische. Wenn jemand sieht, ah, der Herr, der tanzt ja, dann bekommt der auch Lust. Aber es ist immer die Schwierigkeit bei solchen Gruppenmusikinterventionen, dass man nicht alle gleichermaßen erreicht. Man sucht einen gemeinsamen Nenner, sodass vielleicht die meisten etwas damit anfangen können. Manche erkennen das Lied, sind sofort elektrisiert und möchten sich bewegen, klatschen oder klopfen mit. Andere sitzen etwas apathisch da. Das kann durch den Schweregrad der Demenz oder die Medikamente der Fall sein. Es kann sein, dass man diese Personen durchaus mit der Musik erreicht, aber die Reaktionen vielleicht nur auf den zweiten Blick an ganz kleinen mimischen, gestischen Dingen ablesen kann, sogenannten Mikroverhaltensweisen. In unserem Forschungsprojekt hatten wir diese Reaktionen auch erst später in der Videoanalyse bemerkt, als wir uns das Gesicht oder den Oberkörper ganz genau angeschaut hatten. Da ist in bestimmten Momenten ein Augenaufschlag, ein leichter Anflug von einem Lächeln oder eine Kopfbewegung auszumachen.“

Die verschiedenen Sinnesebenen einer Einzelmusiktherapie:




Weitere Aussagen von Arthur Schall zum Thema Ethik und Demenz:

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